Popitz

Popitz
Popitz,
 
1) Heinrich, Soziologe, * Berlin 14. 5. 1925, ✝ Freiburg im Breisgau 2. 4. 2002; studierte Philosophie (bei N. Hartmann und K. Jaspers), Geschichte und Wirtschaftswissenschaft; wurde 1959 Professor in Basel und war ab 1964 Professor in Freiburg im Breisgau (1992 emeritiert). Schwerpunkte seiner Arbeiten bildeten neben empirisch ausgerichteten Forschungen zur Industriesoziologie anthropologische und begriffsgeschichtliche Fragestellungen sowie solche der politischen Soziologie.
 
Werke: Der entfremdete Mensch (1953); Der Begriff der sozialen Rolle als Element der soziologischen Theorie (1967); Die normative Konstruktion von Gesellschaft (1980); Phänomene der Macht. Autorität, Herrschaft, Gewalt, Technik (1986); Der Aufbruch zur artifiziellen Gesellschaft. Zur Anthropologie der Technik (1995); Wege der Kreativität (22000).
 
 2) Johannes, Finanzpolitiker, * Leipzig 2. 12. 1884, ✝ (hingerichtet) Berlin-Plötzensee 2. 2. 1945; Jurist; ab 1919 im Reichsfinanzministerium tätig (1925-29 Staatssekretär), seit 1922 Professor in Berlin. Popitz hatte maßgeblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der 1918 eingeführten Umsatzsteuer, auf die Steuerreform von 1925 (popitz-schliebensche Finanzreform, nach dem damaligen Reichsfinanzminister Otto von Schlieben, * 1875, ✝ 1932) sowie auf Theorie und Praxis des Finanzausgleichs in Deutschland. Die von ihm 1927 formulierte These der »Anziehungskraft des zentralen Etats« (popitzsches Gesetz) unterstellt, dass in föderativen Staaten bei der Verteilung der Aufgaben unter den Gebietskörperschaften eine Tendenz zur Zentralisation zulasten der nachgeordneten Ebene(n) bestehe. Gemessen an den Ausgaben hat sich dies für die Mehrzahl der föderativen Staaten jedoch nicht bestätigt.
 
Vom 1. 11. 1932 bis 30. 1. 1933 unter K. von Schleicher Reichsminister ohne Geschäftsbereich und kommissarischer Leiter des preußischen Finanzministeriums sowie von April 1933 bis Juli 1944 preußischer Finanzminister, entwickelte sich Popitz immer stärker zum NS-Gegner. Er stand der Widerstandsbewegung um L. Beck und C. F. Goerdeler nahe (»Mittwochsgesellschaft«), die ihn nach Hitlers Sturz als Kultusminister vorgesehen hatten. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. 7. 1944 wurde Popitz am 3. 10. 1944 zum Tode verurteilt.
 
Werke: Kommentar zum Umsatzsteuergesetze vom 26. Juli 1918 (1918); Der künftige Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden (1932).
 
 
L.-A. Bentin: J. P. u. Carl Schmitt. Zur wirtschaftl. Theorie des totalen Staates in Dtl. (1972);
 
Die Mittwochsgesellschaft. Protokolle aus dem geistigen Dtl. 1932-1944, hg. v. K. Scholder (21984).

Universal-Lexikon. 2012.

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